Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 27. August 1943
den 27.8.43
Liebster Mann!
Dieser Brief wird nur kurz, denn ich stecke in einem Berg von Arbeit, und Lisbeth hat frei. Ich habe die letzten Tage eine richtige, schöne Arbeitsfreude und nehme mir recht viel vor. Alles mahnt schon, dass der Herbst kommt, und das wiederum treibt einen zur Vorsorge, wenn auch nicht gerade an Vorräten, weil das ja ein Kapitel für sich ist, so doch in Kleidung und im Haus. Dieses Sorgen für den Winter ist wunderschön.
Von König habe ich noch nichts gehört, aber ich habe Aussicht, 50 Pfund Pflaumen aus dem Vorgebirge zu bekommen. Wir müssen sie uns aber selbst holen. Lisbeth will auch zu Hause sehen, dann sie welche bekommt, die wir dann auch holen. Auf Bohnen müssen wir dieses Jahr wohl verzichten.
Also, es bleibt dann ja wohl nichts anderes übrig, als dass ich nach Hessen komme. Ich möchte bloß, dass sich irgendein kleiner Goldregen auftut. Mutter ist übrigens doch ziemlich böse, dass ich fahre und besonders, dass sie nicht mitfahren soll. Sie merkt es, weil Du in allen Briefen Deine Pläne für uns beide machst. Ihre Laune ist dementsprechend. Mutter möchte Dich mal ganze vierzehn Tage allein haben, oder sie wäre am liebsten mitgereist, damit sie Dich auch ganz hat.
Gestern kam der Brief mit dem Heidekraut, und es kam sogar noch ein lebendiges Spinnchen heraus. Das hat mich besonders gefreut, und ich habe es ganz vorsichtig auf das Steingartenbeet gesetzt.
Sei nicht böse, dass dieser Brief nüchtern ist, aber ich habe keine innere Ruhe, mein Programm ist zu gross und der Brief soll doch noch mit der Sechsuhrpost weg.
Din Lött