Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 24. März 1941
Bergen, den 24.3.41
Mein liebes Lottenkind,
Es ist augenblicklich wenig zu tun. Die liegengebliebene Arbeit vom Urlaub ist weggearbeitet und neue geht spärlich ein zur Zeit. So will ich noch einen Brief schreiben. Es ist jetzt glücklich Urlaubssperre und ich bin herzlich froh, dass ich meinen gehabt habe. Lichtschlag und Hildebrandt hatten Gesuche laufen, die natürlich abgelehnt worden sind.
Sag mir mal, liebes Lottenkind, die Sache mit Mutter geht mir doch sehr im Kopf herum ich habe noch nichts unternommen, weil Du mich darum batest, aber ich andererseits auch nicht gesonnen (bin) , die Sache auf sich beruhen zu lassen, sonst laufen wir Gefahr, dass sich derartige Fälle wiederholen. Schreib mir mal darüber.
Klopfe ja den Mietern recht auf die Finger, dass sie endlich zahlen und stelle Termine, wo das noch nicht geschehen ist. Wo es geschehen ist, schicke Einschreibebrief mit neuem Termin (8 Tage). Verstreicht auch der fruchtlos, so übergibt die Sache Müller. Die Kosten des Einschreibebriefes musst Du als Mahnspesen den Säumigen in Rechnung stellen und einziehen.
Kontrolliere doch bitte mal den Mietvertrag von Frau (unleserlich). Welche Räume hat sie gemietet und welche davon hat sie untervermietet? Hat sie das Recht dazu? Was kann mit den nicht vermieteten Räumen geschehen, damit sie Geld einbringen?
Was ist aus dem Verkauf Karl-Finkelnburgstr. 18 geworden. Hat „Rau und Mathieu“ geantwortet.
Findet sich für die anderen Häuser kein Käufer? Schreibe in jedem Brief an R.u.M. Etwas über unsere Verkaufsbemühungen aufgrund des Verkaufsauftrages, damit sie nachher nicht sagen können, sie hätten keinen gegeben.
Woher weist Du die Verkaufspreise? Haben Sie die nicht auch geschrieben? Bei der Bauernschlauheit dieser Brüder muss man damit rechnen, dass sie sich hinterher rauszuwinden suchen.
Behalte bitte auch Ringsdorff und die große Umzugsaktion im Auge. Vielleicht können wir bei einigen (Linnee, Mann, Scheuer, Motz usw..) noch landen.
Dass du den Mietvertrag mit Hansen fertig bekommen hast, ist famos. Dafür bekommst Du einen besonders lieben Kuss. Ach wie freue ich mich, dass ich Dich habe.
Wenn Du eines Tages auch mal aus vollem Herzen sagen kannst, dass Du Glück gehabt hast, dass Du mich gekriegt hast, dann wäre das eine feine Sache. Aber bis dahin muss ich noch viel gut machen.
Das mir mein Urlaub nicht gefallen hat, ist zum größten Teil darauf zurückzuführen, dass ich mich über meine eigene Unordnung und Unverantwortlichkeit geärgert und geschämt habe.
Können wir in der Sache Schumann- Nebel noch etwas unternehmen? Ich möchte an allen Ecken ins Geschirr und statt dessen sitze ich hier und kommandiere Dich von hier aus, als wenn das so einfach wäre.
Ist das Geld von Klemmer da? Stelle damit die Rückstände (Pelzmantel, Gummersbach usw.) glatt, den Rest tust Du auf die Kasse für Notfälle.
Hat Heidi mit meinem Brief etwas anfangen können und hat Helga sich über die Hasenmissgeburt gefreut? Hier blühen ganze Krokusfelder in lila, blau, gelb und weiß. Es sieht in der sonst noch toten Natur besonders frisch und hübsch aus.
Hier gibt es unglaublich viele Kiebitze. Sie sitzen auf allen Wiesen. Vielleicht finde ich mal Eier, dann schicke ich Dir welche. Erkundige dich rechtzeitig, wie sie genossen werden, damit Du dem Genuss nicht hilflos gegenüber stehst. Wir haben auch Rotschenkel gesehen. Du siehst meine vogelkundlichen Kenntnisse nehmen rapide zu. Wilhelm tröstet sich mit seinen Studien über den entgangenen Urlaub hinweg.
Ob Biederbick auch mal Bilder von Dir und Jürgen macht? Ich hätte schrecklich gern welche! Über Helgas Brief habe ich mich ganz schrecklich gefreut. Ich finde es ganz besonders lieb, dass sie mir öfters schreibt. Dein Büchlein „Große Leute schreiben an kl. Kinder“ hat mir auch viel Freude bereitet. Bismarcks Brief ist mit der netteste. Auch Fontanes Brief ist nett, nur ein Kind kann mit ihm ja wirklich nichts anfangen. Es ist überhaupt auffallend, dass große Leute manchmal recht wenig mit ihren Kindern anfangen können. Nett sind auch die Briefe der Königin Luise.
Es sind mir jetzt zu viele Leute hier, da wird es mir über meinem Brief ungemütlich.
Es grüßt Euch alle Euer Pappi.