Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 15. Mai 1941

B., den 15.5.41

Mein süßes Lottenkind,

hu, ist das ein schöner langer Brief, den ich heute bekam, nun will ich mich aber auch recht schön bedanken und gleich wieder schreiben, obgleich ich eben schon meiner Mutter einen langen Muttertagsbrief geschrieben habe. Auf den Muttertag trinkt mal schnell die angebrochene Flasche Vermouth aus, sonst ist das später nicht mehr zu genießen. Besser wird er sicher nicht.

So nun nehme ich Dich erst mal in den Arm und Küsse Dich ganz doll. Ich kann Dir keine lange Rede halten, über du weist schon, wie lieb ich Dich habe und wie dankbar ich bin für die 5 süßen Tindis (= rhein. Ausdruck für Kleinkinder). Eigentlich ist es ja Quatsch einen Tag im Jahre herauszusetzen, wo man seiner Frau und Mutter danken soll, denn wenn man nicht immer dankbar ist und sich nicht immer lieb hat, dann nützt der eine Tag ja auch nichts. Die kleine Überraschung, die ich in Scene gesetzt habe, wirst Du wohl schon haben. Hast Du Dich gefreut. Sind die Muttertagspakete auch da? Ist die Kissenpralinen mit viel Verstand, denn sie sind lausig teuer aber sehr gut. Nimm sie heute Abend mit ins Bett und denk ein bißchen an mich, wenn Du sie aufissest.

Wir haben jetzt sehr, sehr viel zu tun. Gestern habe ich von 6 Uhr morgens bis 21:30 mit nur einer halben Stunde Mittagspause durchgearbeitet. Wer weiß wie lang es heute wird. Der Major ist in Amsterdam und da haben wir es heute Mittag gut, aber wenn er heute Abend wieder kommt, wird vermutlich alles nachgeholt. Bei dieser ordentlichen Anstrengung werde ich auch endlich dünner, da auch die Verpflegung dünner geworden ist. Alles ist eben für etwas gut. Hoffentlich passen mir noch meine Brocken, wenn ich mal auf Urlaub komme. Leider ist daran aber nicht zu den-

ken..

Mit Blatzheim ist die Sache so, daß er zur Zahlung verpflichtet ist, wenn der Mieter nach 2 oder 3 Jahren noch im Hause wohnt. Ich weiß nun nicht genau, wann der Vertrag ausgelaufen ist (Mai oder Juni). Wenn nun Fehr kündigen sollte, so muss er doch eine Frist einhalten, sodaß er bestimmt über 3 Jahre wohnt. Der Betrag ist also fällig. Ich hätte ja Blatzheim damlas garnicht entgegenzukommen brauchen. Mehr Entgegenkommen als ich bisher gezeigt habe kann er aber wirklich nicht erwarten.

Wegen der Zimmer um Änderung habe ich Mutter schon geschrieben. Es ist so unversehens in ihren Brief hineingerutscht. Ich habe aber inzwischen Deinen Brief noch mal gelesen und jetzt erst begriffen, dass es Dir in der Hauptsache um eine Treppenersparnis geht. Ich will Dich sicher nicht unnötig hetzen, aber ich denke an die empfindlichen Tapeten, die doch sofort hin wären und dann ist kein Waschbecken da. Schreibe mir mal ausführlich, wie Du Dir die Änderung gedacht hast. Wohin mit dem alten Eßzimmer- und Salonmöbeln, wenn Du unsere Zimmer nach unten legen willst? Ich kann es mir noch nicht so recht vorstellen, wie Du Dir alles denkst. Daß Du es recht schön machen würdest glaube ich Dir bei Deinem guten Geschmack ohne weiteres.

Schreibe mir doch bitte mal die Feldpostnummer von Charly (=Jugendfreund). Ich möchte ihm so gerne mal schreiben. Er hat nun seinen ersten Krieg schon hinter sich. Mir steht meiner noch bevor.

Guten Morgen Lotting! Ich konnte gestern Abend nicht mehr weiter schreiben und nun habe ich Angst, daß der Brief zum Muttertag nicht mehr ankommt. Ich habe heute morgen auch nur Zeit für einen lieben Gruß, denn die Arbeit ruft.

                   Einen herzlichen Gruß und Kuß   Dein Harald, der Dich sehr lieb hat.