Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 24. Mai 1941
Bergen, den 24. Mai 1941
Mein süßes Lottenkind,
Gestern nachmittag hat man mir freigegeben und da habe ich mich ins Bett gelegt und habe stundenlang geschlafen und das hat nun sehr gut getan. Dazu kam heute Dein lieber Brief und so bin ich wieder ganz obenauf. An Thea habe ich auch geschrieben und mein Gewissen damit erleichtert. Heil! Heil! Heil!
Eben kommt die Sondermeldung über Kreta. Ach Lotting es ist herrlich. Wir wußten schon seit Tagen um die schweren Kämpfe, die unsere Fallschirmjäger gegen große Übermacht zu führen hatten und bangten sehr um ihr Schicksal aber die Tapferen haben sich jetzt, wenn auch unter schweren Verlusten, frei gekämpft, sodaß Hilfe auf dem Seeweg unter rastlosem Einsatz der Luftwaffe gebracht werden konnte. Die engl. Mittelmeerflotte ist schwer, wenn nicht entscheidend geschlagen und ihres besten Stützpunktes beraubt. Wir sind wie erlöst. Es muß nämlich alles jetzt sehr schnell gehen da unten eher England die Truppen, die es in Abessinien frei bekommt, einsetzen kann.
Über diese Ereignisse habe ich ganz vergessen, was ich eigentlich schreiben wollte. Wir haben eine neue Feldpostnummer L09742 Lg. P.A. A´dam über Bentheim. Im nächsten Brief also bitte die schreiben.
Die Schuhe für Frau Holtmann habe ich immer noch nicht. Ich soll sie aber bestimmt im Laufe der kommenden Woche bekommen. Sie muss sich also noch etwas gedulden. Hat Mutter meinen Brief zum Muttertag bekommen
Über Theos Brief habe ich mich sehr gefreut und habe ihm auch schon wiedergeschrieben. Er ist jeden Sonntag bei Ully und geht mit ihm auf die Jagd. Seine Tätigkeit gefällt ihm sehr. Er schreibt, er könne doppelt soviel leisten als früher, weil er
mit Freude arbeite. Kattowitz sei besch-eiden, aber die Umgebung, vor allem das ehemals russische Land seien herrlich. Er will jetzt auch in die Beskiden und in die Tatra.
Ach Lott, man munkelt schon wieder von einer Postsperre. Hoffentlich geht dieser Kelch an uns vorüber.
Hier regnet es zur Abwechslung. Aber kalt ist es trotzdem. Etwas weiter südlich etwa bei Harlem soll es viel wärmer sein. Die Tulpen sollen dort schon blühen. Hier gibt es auch vereinzelt Tulpen und Narzissenfelder. Sie fangen erst ganz schüchtern an zu blühen. Auf unserem Gefechtsstand ist noch geheizt und das ist gut so. In den Unterkunftsbaracken ist die Heizung aus und deshalb ist es empfindlich kalt.
So nun Schluß. Ich habe keine Zeit mehr.
Ich küsse Dich und die Kinder herzlich Dein Soldat