Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 16. Juni 1941

den 16.6.41

Mein liebes Lottenkind,

eben - es ist schon Abend – bekomme ich Deinen lieben Brief vom 13.7 (corr. 6.!!!).41 ich habe mich gefreut, denn ich warte in letzter Zeit mehr wie die auf Post. Das ist ein Ausdruck meiner immer heftiger werdenden Sehnsucht nach Dir. Es werden jetzt 100 Tage seit ich im März von Godesberg wegging und das Bedürfnis Dich und die Kinder wiederzusehen ist wohl zu verständlich. Deine Besorgnis unser Zusammenhalt können leiden ist doch wohl unbegründet. Ich kann von mir nur sagen, daß ich mich während der ganzen Zeit meines Wegseins noch inniger zu Dir hingezogen fühlte als sonst, wenn das überhaupt möglich ist. An ein Auseinanderleben durch die Verschiedenartigkeit der Bedingungen unter denen wir leben, glaube ich nicht, denn mein Herz kennt nur eine Bindung und das ist die an Dich und die Kinder. Ich habe Dich über alles lieb, Lotting!

Ich bekam gestern beiliegenden Brief an Charly zurück. Die von Dir angegebene Feldpostnummer scheint nicht zu stimmen. Es ist noch ein Brief an ihn unterwegs, der nun auch nicht ankommen wird. Rufe bitte Edith an und frage nochmal nach. Frage auch ob Charly Gefreiter oder was sonst ist. Schreibe die Nummer auf den Umschlag und schicke den Umschlag bitte zurück. Was Du von dem Fahrrad schreibst ist ja eine Schweinerei. Aber dann ist es erst recht nötig, es in einen sauberen und guten Zustand zu versetzen, es zu ölen und aufzupumpen. Ist es nähmlich schlecht im Zustand, dann bekommt man auch nur eine schlechte Vergütung, falls es abgegeben werden muß. Es hat neu 79,- Mk bei Fiedler gekostet. Also laß es bitte von Anneliese sorgfältig putzen und monatlich auf Pumpen.

Frau Hildebrand ist tatsächlich gestern hier angekommen. Sie

ist mit dem Fahrrad über die Grenze und und dann mit der Bahn weiter. Das kann ich Dir nun wirklich nicht zumuten. Ich hätte Dich ja gar zu gern mal hier. Es wäre unwahrscheinlich schön und auch für Dich eine rechte Erholung. Aber jetzt wo es den Anschein hat, als verlegten wir bald, wäre es ja sowieso Unsinn.

Wegen des Geldes, dass ich Dir schicken will, mach dir bitte keine Gedanken. Ich habe außer im Monat Juni doch immer für 30 Mk geschickt, so daß sich an sich garnicht viel ändert. Du kannst aber mit dem Geld vielleicht mehr anfangen als mit den Sachen. Wenn ich aber günstig einkaufen kann, werde ich trotzdem Sachen schicken, die Du mit Profit verkaufen kannst. Dann werden aus den 30 Mk mehr. Ich brauche hier nicht viel und komme mit dem Rest aus, wenn nicht, wie im Juni Brille und Schuhen und (unleserlich) aufeinander platzen. So nun zum geschäftlichen.

1.) Halte ja drauf, daß Frau Ebert pünktlich zahlt. Wenn sie einmal in Rückstand kommt ist es aus.

2.) Tritt doch bitte das Büro Blatzheim. Sie haben doch wie du schriebst die Anweisung zum Zahlen.

3.) Wenn Dir die Ausgabebelege der Elberfelder Reise in die Finger fallen, stellen Sie bitte sicher.

4.) Verteile die Telefonrechnung nach Möglichkeit auf die Verwaltungen.

5.) An Rücker habe ich geschrieben, obwohl es eigentlich nicht nötig war, aber es kostet ja nichts. Er ist doch ein schrecklicher Schisser. Daß es so was heute noch gibt.

6.) Bekommst Du denn die erhöhte Kinderzulage von 30,- Mk , die Du an Heinz abführen wolltest, immer noch nicht.

7.) Steuern zu früh zu zahlen ist ebenso falsch wie zu spät.

8.) Mit den Schuhen für Frau Holtmann habe ich vielleicht im letzten Augenblick doch noch Pech. Herrenschuhe gab es an sich schon lange nicht mehr als man Damenschuhe immer noch haben konnte. Nur eine „Quelle“ konnte noch Herrenschuhe geschaffen. Es war ein Kamerad, der sein Geheimnis treulich hütete. Er hatte versprochen, mir welche zu besorgen. Jetzt

haben sie ihn 10 Tage eingesperrt wegen einer Dummheit, die er gemacht hat. Hoffentlich klappt es noch, wenn er nächster Tage wieder frei kommt

Lotting, die nur ja zum Arzt und kurier Dich ganz aus, damit sich nichts festsetzt und Du was fürs Leben beherzt. Daß Deine Zähne in Ordnung sind, ist mir eine große Beruhigung. So nun halte sie auch im Schuß. Jedes Jahr einmal zum Zahnarzt, also spätestens Mai 1941 (corr. 1942) wieder. Ich habe mir hier auch wieder die Zähne nachsehen lassen. Es war nichts dran. Wenn mal was zu machen war, dann war es in einer1/4 Stunde ohne Schmerzen gemacht. Nach Zahnschmerzen sehne ich mich auch garnicht. Ich kann gut ohne sie auskommen. Wenn Du zu meinem Geburtstag nicht kommen kannst - ich werde das noch klären – natürlich nicht so geschmuggelt wie Frau Hildebrand - wünsche ich mir einen recht lieben und langen Brief und wenn Du etwas Geld hast, um mir ein Geschenk zu machen , dann laß es liegen. Wir werden dann dafür, wenn ich mal Urlaub bekomme,, zusammen mit feiern. Da haben wir beide mehr davon, als wenn jetzt etwas gekauft wird, dass ich doch hier nicht gebrauchen kann.

Lotting, wo bleiben die Sockenhalter und die Stoffmaschine. Wegen jedem kleinen Loch kann ich doch die Strümpfe nicht heim schicken.

Ich habe noch etwas geschäftliches vergessen.

Wofür schlägt die Stadt Wuppertal 1,- Mk pro qm vor. Für das Gelände an Otto Hausmann-Ring - Katernberger Str.? Dafür wollte sie doch letzthin nur 0,50 Mk zahlen. Da wir doch nicht verkaufen können, da die Stadt keine Bauerlaubnis gibt, halte ich es für richtig zuzustimmen. Versuche aber für den oberen Teil der Katernbergerstr. die Baugenehmigung ohne Kanal also mit Schlinggrube herauszuschlagen. Schreibe zu einem so niedrigen Preis seien die Gebrüder Engels nur dann bereit, wenn sie am oberen, d.h. dem Hausmannring abgewandten Teil der Katernberger Str. bauen dürften.

Ich grüße und küsse Dich 1000mal                                           Dein Harald