Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 20. April 1944
den 20.4.44
Liebster Mann!
Ich bin schachmatt. Das Ordnen des Nachlasses und ein Umzug im eigenen Haus sind aufreibend. Nun schlafen heute abend unsere Fünf (vier, denn Ursel ist in Büderich in den Zimmern, und ich glaube, unsere Omi hätte ihre helle Freude dran. Fein, dass Dein Urlaub gewährt ist. Hoffentlich bald. Im übrigen hat sich noch nichts getan. Ich werde wohl noch einige Zeit brauchen, bis ich in der Reihe bin.
Du bist nun reich an Unterhosen. Sie waren alle bei Omi verschwunden in den Jahren, weil sie sie flicken wollte, und ich habe sie aus Schubladen, Schränken, Kämmerchen usw. unter allem möglichen verstaut gefunden. Ebenso Mutters Geburtsurkunde, ausgestellt im Jahre 1939.
Weiter fand ich alte Tagebücher Deines Großvaters
mit der Liebes- und Verlobungsgeschichte der geb. Cöster. Zuerst war alles in Butter, nach einigen Jahren Verlobung und nachdem er hart mit ihr aneinandergeraten war, nannte er die Schwiegermutter 'die Alte' und so seitdem nur noch. Seine Braut bat er besuchs- und kennenlernenderweise zu seinen Eltern, die sehr begeistert von ihr waren. Nach einigen Monaten kam sie dann ins elterliche Haus zurück nach einem Riesenkrach mit ihren neuen Verwandten. Die Welt ist immer dieselbe. -
Heute mittag besuchte mich Fräulein Gelderblom 'in Erinnerung an ihre Freundin', und es trieb sie zu mir, 'weil ich gewissermaßen etwas von ihr wäre.' Ist das nicht rührend? Sie fragte, ob sie das wohl öfter dürfe. Und dabei habe ich mich vor dem gestrengen Fräulein Gelderblom immer so klein gefühlt. Komme bald wieder, liebster Mann!
Deine müde, sehr müde
Lotti