Charlotte Endemann an ihren Mann Harald, 23. Mai 1944

den 23.5.44

Liebster Mann

Die Versicherungsgelder sind jetzt alle da. 1000.- von der Karlsruher, die erst mal auf dem Girokonto sind. Soll ich nun den Kredit abgedeckt lassen oder soll ich die Zinsen die ich zahlen muß, dem Landratsamt ankreiden? Das ist wohl das Bessere. Fällt dann eines Tages der Familienunterhalt fort, kann man vom Sparkonto aus immer noch abdecken. Deshalb dachte ich, rechne ich Holbach und Silbermann diesen Monat ab, zahle Onkel Arthur ab und gebe Hans Schulz die Zinsen. Was dann noch übrig bleibt, wandert auf das Sparkonto. Bist Du einverstanden? Dann kamen heute morgen die 800.- von den Zeitschriften, die heute Mittag ebenfalls auf das Sparkonto wandern. Das Geld, das Speiert zahlen wird, geht auch auf Sparkonto, sodaß wir dann doch wohl ca. 2000.- Mk. drauf haben.

Wie soll ich nun die Verpflichtungen mit der

Ruhegehaltskasse regeln? Immerhin sind 150.- Mk. monatlich an Steuern und Amortisation eine starke Belastung, aber vielleicht geht es doch.

 

Nun habe ich endlich den großen Berg Sorgen mit den Abzahlungen los und habe Grund unter den Füßen. Ein schöner Gedanke für mich, nachdem ich mich doch jahrelang mit dem Problem rumgeschlagen habe. Jetzt könnte es für mich schön werden, wenn nur nicht die neue große Sorge, die Invasion, auftauchte, aber die teile ich ja mit allen. Und trotzdem möchte man seine kleine Familie durch allen Sturm durchlavieren.

Ich habe Dir heute wegen des Urlaubs geschrieben. Es muss doch geregelt werden, alles was mit dem Todesfall zusammenhängt, und ich möchte Dich gerne vor dem großen Theater, was auf uns wartet, noch einmal sehen. Wer weiß denn, wie es im Sommer hier aussieht? Und wer weiß dann, wann und unter welchen Umstanden wir uns wiedersehen.

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