Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 12. Juli 1941

12.7.41

Mein liebes Lottenkind,

Ist das eine schreckliche Hitze. Sie war in Holland, sie war auf der Fahrt, sie ist hier. In den Holzbaracken ist es unaussprechlich heißt. Draußen weht zwar beständig ein Wind aber im Gefechtsstand stagniert die Luft. Es ist zum Platzen und ich bin dem Hitzschlag nahe; dazu versagt die Wasserleitung in der Gefechtsbaracke. Es ist lieblich!

Trotzdem bin ich sehr froh und das macht, weil ich heute 2 Briefe von Dir bekommen habe über die ich mich sehr gefreut habe. Also zuerst mal Deine Frage. An Henner Platz habe ich noch nicht geschrieben. Es war in dem allgemeinen Trubel einfach nicht möglich. Wenn ich nicht einmal dazu komme, Dir zu schreiben, habe ich sicher nicht keine Zeit für Andere. Ich finde seine (unleserlich???) aber so nett, daß ich ihm in den nächsten Tagen bestimmt schreiben werde; dann schicke ich Dir den Brief zurück.

Mit Pützens war die Sache so. Sie kamen am Abend vor meinem Geburtstag an. Ich hatte zur Begrüßung frei bekommen, weil ich beim

Schießen mit 3 Schuß 36 Ringe geschossen hatte (also 3 zwölfen!). Ich habe sie dann von mir aus zur Begrüßung zum Abendessen eingeladen. Das war der schönste Abend. Ich hatte auch für Blumen auf dem Zimmer gesorgt. An meinem Geburtstag bekam ich wieder frei und zwar den ganzen Nachmittag und Abend. Wir sind zum Strand gegangen und haben im heißen Sand gesonnt, dann haben mich Pützens zum Abendessen eingeladen. Wir waren aber von der heißen Sonne so müde, daß aus dem Abend nichts rechtes wurde. Alles andere wurde dann von der Verlegung versaut. Julius ist nach wie vor ein ganz reizendes lieber und natürlicher Mensch. Annemaries Exaltiertheit hat sich noch etwas gesteigert, im übrigen ist sie elegant und nett wie immer.

Mit meiner Brille habe ich wirklich Pech. Ich habe mir in Bergen, nachdem ich die 1. beim Bade verloren hatte, für 10,80 Gulden ein neues schönes Gestell gekauft. Dieses Gestell ist auf der Fahrt während des Schlafens zerbrochen. Ich habe mir mir nun hier für 8,50 Mk gleich ein neues kaufen müssen. Es sieht aus wie Himbeersyrup (gestrichen: und kostet 6,50 Mk.)

[3.Seite fehlt anscheinend.]

[nicht zugeordnet - evtl. 2.Seite?]

Es gibt z.B. schöne alte Häuser und Straßen mit Kopfsteinpflaster. Am Meer bin ich noch nicht gewesen. Ich hoffe nun, daß sich unser Dienst jetzt wieder normalisiert. Wenn die blöde Hitze dann auch wieder aufführt, ist alles viel erträglicher. Wenn Du dann noch kommen könntest, würde es mit einem Schlag der schönste Platz der Welt. Du müsstest dann Deine schönsten Kleider mitbringen, damit ich mich auch an einem gut angezogenen Menschen freuen kann, das tat mir auch bei Pützens so gut und dann will ich mit Dir schrecklich renomieren (!). Ach Lotting es wäre zuuuuuu schön. Hier kann man, glaube ich billig leben. Wenn ich mal wieder frei habe, will ich mich mal danach umsehen.

Ein Blatt Husumer Zeitung lege ich bei, es vervollständigt das Bild.

Die Berichte von den Kindern in Deinen Briefen sind wundervoll. Wir hätten diese netten Geschichten sonst sicher nicht aufgeschrieben, wenn der Krieg uns nicht zum Schreiben anhielte.

Schreibe bitte die Post jetzt direkt an L09742 Lg. P.A. Hamburg I.

Schreib mir auch bitte mal, wie lange meine Briefe laufen. Den Schäffer (neuer Band) schicke mir bitte wieder und den Schimmelreiter oder Immensee oder etwas anderes von Storm hätte ich auch gern.

Einige Soldatenfrauen sind schon hier. Ich bin schrecklich neugierig.

       Es grüßt und küßt Dich 1000mal                        Dein Harald

An Mutter und die Kinder auch viele liebe Grüße.          

(Am Rand:) An der Schreibmaschine muss das „e“ sauber gemacht werden.

Nachschrift

Es ist möglich, daß ich im Sturm der Geschäfte vergessen habe, Fragen in Deinen letzten Briefen zu beantworten. Schreibe sie dann bitte neu