Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 20. August 1941
H., den 20.8.41
Mein süßes Lottenkind,
Du liegst noch lange im warmen Bettchen, denn es ist erst 7,30 Uhr. Es ist noch einigermaßen ruhig hier, darum will ich Dir schnell schreiben. 4 Briefe habe ich nun schon von Dir bekommen und einer ist immer lieber wie der andere. Ach Lotting, Du bist min seude, lewste Fru ! (plattdeutsch: =meine süße,liebste Frau). Es geht mir ja ganz genau wie Dir. Ich irre hier rum und ich weiß doch, daß alles Suchen sinnlos ist. Den Weg über den Markt, durch die Krämerstraße, den ich in den herrlichen 3 Wochen in sausender Fahrt so oft gemacht habe, mag ich gar nicht mehr gehen, denn die Hafenstr. ist leer. Ich hatte mir vorgenommen, jeden 2 .Abend in Olsens Hotel zu sein und heimliche Zwiesprache mit Dir zu halten, aber ich bin noch nicht einmal wieder dort gewesen, denn ich habe richtige Angst.
Gestern war ich am und im „roten Hauberg“ um mich richtig müde und kaputt zu laufen (24 km). Unterwegs habe ich mich alle 5-6 km ins Gras gesetzt und habe Deine beiden ersten Briefe gelesen. (Die beiden anderen bekam ich erst gestern Abend). Der rote Hauberg (gleich Heuberg) ist heute weiß. Er ist ein mächtiges Ding, das vor mehr als 300 Jahren von Holländern erbaut wurde, die zum Zwecke des Deichbaues in Holstein weilten. Es gehört heute der Stadt Husum und hat auch eine Gaststube, in der ich 2 große Becher Milch getrunken habe. Als ich abends müde in Husum einmarschierten, traf ich Walter Maiss mit dicken Augen. Er hatte seine Frau zur Bahn gebracht. Es geht uns doch allen gleich! Da mußte ich gleich wieder Mut zusprechen und war doch selbst noch so wund.
Das Buch „Wunder an Land und Strand“ handelt nicht von der hiesigen Gegend sondern es sind in der Hauptsache (?)geschichte. Ich habe es daraufhin nicht gekauft und möchte Dir doch so gern eine dolle Freude machen. Ich bin im Augenblick schrecklich allein, denn Du bist ja nicht mehr da… Ganz zuletzt ist Wilhelm L. auch nicht da, da er zu seiner Frau
läuft.
Ich habe nun die letzten Abende fleißig gearbeitet und alles Versäumte an Stubendienst und meinen Brocken nachgeholt. Es war gut, daß ich die Arbeit hatte.
Lotti, schick mir doch bitte von Biederbick einen Film 6x9, wenn möglich 21 Lichtstärke. Ich bekomme hier keinen. Alle Bekannten haben sich über Deine Grüße gefreut und lassen Dich herzlich wieder grüßen.
Ich aber nehme Dich in den Arm und küsse Dich sehr, sehr lieb.
Dein Harald
Die Kinder und die Omi grüße ich ebenfalls, auch Anneliese