Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 18. Oktober 1941
18. 10.41
Mein liebes Lottenkind,
Heute vor 4 Wochen , – ach ich darf garnicht daran denken! Sind das wirklich erst 4 Wochen her. Es kommt mir oft vor wie eine Ewigkeit. Und doch stehen plötzlich wieder manche Bilder ganz klar und nahe vor mir. Es sind die Stunden unseres Alleinseins, unsere Wanderungen.
Und heute ist nun Heidis Geburtstag. Hoffentlich sind nicht wieder 15 Freundinnen zu Gast. Heidi ist ja ein süßes kleines bescheidenes Ding. Ich habe sie doch sehr lieb. Sie ist auch schon manierlicher geworden.
Jetzt wo ich weg bin, ist der Tommy wieder oft bei Euch. Es ist zum Kotzen. Wo sind denn die Blindgänger gefallen, oder waren es Zeitzünder?
Hast Du mal was mit meinem Fahrrad in Bezug auf einen Tausch unternommen.
es müsste dann aber erst erstklassig geputzt werden.
Dein Paket schien ist noch nicht hier angekommen. Wo ich das Feuerzeug habe, weiß ich nicht mehr. Vielleicht ist in einem Anzug, vielleicht im Nachtisch? Hier stürmt es so, daß eben eine Fensterscheibe glatt eingedrückt wurde. Unsere Papiere stoben alle auseinander. Die ganze Bude wackelt und bebt. Es ist geradezu scheußliches Wetter, die Insel bietet nicht viel Abwechslung, auch landschaftlich nicht. Alles ist durch Baracken und militärische Anlagen verschandelt. Nur die Sonne kann da helfen, aber die fehlt. Der Wind treibt den Regen durch die Barackenritzen. Wir heizen auf Deubel komm raus. Der einzige Trost ist, daß es sie nicht mehr lange hier dauern wird. Die Vorbereitungen sind in vollem Gang. Wohin mag es gehen?
Hast Du Stiefmütterchen für den Garten bekommen und gepflanzt. Es wird höchste Zeit.
Hast Du an dem Klavier schon etwas machen lassen? Wenn noch nicht, dann erkundige Dich erst was es kosten kann.
Der Adjutant ist heute in Urlaub gefahren. Ich hoffe, daß dadurch eine etwas ruhigere Zeit kommt, damit ich Dir wieder öfter schreiben kann, denn sonst ist bei dem Wetter doch nichts anzufangen. Ich bin auch ziemlich unruhig. Ich glaube es kommt von dem ewigen Sturm, der auf die Nerven geht. Der Sturm schneidet uns auch oft ganz vom Festland ab. Dann kann kein Flugzeug starten und wir bekommen keine Post und unsere geht auch nicht ab. Im vorigen Winter konnte auch oft der Dampfer nicht fahren, wegen Sturm und Eis. Da haben Flugzeuge die Verpflegung in Säcken abgeworfen. Wenn die aber wegen Sturms auch nicht fliegen können, was dann? Na, wir werden es ja nicht mehr erleben, denn spätestens Mitte November