Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 20. Oktober 1941

20.10.41

Mein liebes Lottenkind,

Hab vielen Dank für Deinen lieben Gruß, der mich gestern am Sonntag erreichte und mir diesen Tag zum richtigen Sonntag machte. Außerdem schien nach langen, schweren Stürmen erstmalig wieder die Sonne und ich bekam am Nachmittag frei. Nu, war das ein Sonntag, oder war es keiner. Ich habe den ganzen Ostteil der Insel durchwandert, den die Stürme mächtig gezaust haben. Es war sehr schön. Dann habe ich mich in eine Dünenmulde in die Sonne gesetzt und habe Deinen Brief nochmals in Ruhe und Wonne gelesen. Wie die Stimmung doch mit so ein bißchen Sonne wächst. Nach der Gereiztheit der letzten Tage war ich wieder vollkommen ausgeglichen und durchaus guter Laune.

Gestern Morgen war ich zum Preisschießen. Wenn mir der Wind den 3. Schuß nicht zerrissen hätte, wäre ich vielleicht Inselmeister geworden.

Die ersten 2 Schüsse waren vorzüglich, der 3. nur mäßig. Ich habe mich richtig geärgert und das erste Mal in meinem Leben gemerkt, daß ich auch ehrgeizig sein kann. Gott möge diese zarte Blumen schützen und wachsen lassen!

Wilhelm ist jetzt wieder im Dienst. Er wird aber abgeschoben, da ihm der Dienst zu anstrengend ist.

Wir machen jetzt jeden Morgen im Stockfinstern bei jedem Wetter nur mit einer Turnhose bekleidet Frühsport bestehend aus einem Geländelauf und Freiübungen. Ich finde, daß man damit im Sommer hätte anfangen müssen und nicht im Herbst. Gesund ist es aber auch jetzt.

Es grüßt Dich von Herzen                            1000 Küsse                       Dein Harald