Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 28. Oktober 1941

28.10.41

Mein liebes Lottenkind,

ich habe heute Morgen lachen müssen, als ich an Dich dachte. Wir machten Frühsport um 6,30 es war stockfinster, daß man seinen Vordermann kaum sehen konnte. Bekleidung: Turnhose, Turnschuhe. Dazu eisiger Wind mit Regen, also außerordentlich ungemütlich. Ich mußte mir plötzlich vorstellen, Du müßtest da mitmachen und sah Dich so deutlich in Deinen Entsetzen, daß ich beinahe einen Lachkrampf bekam.

Die dämlige Post hat mich mal wieder 3 Tage ohne Post von Dir gelassen. Wer weiß wo die steckt, d.h., der 3. Tag ist heute und ich habe noch Hoffnung, daß trotz des Dreckwetters doch noch ein Flugzeug startet. Das Rätselraten über unsere Verlegung geht heftig weiter. Der Chef ist bis Samstag in Berlin bei Mölders und wird wohl Näheres mitbringen. Wir haben mordsmäßig viel Material und Leute bekommen. Nach Rußland glaube ich nicht, denn bis wir an Ort und Stelle sind liegt dort mindestens 1 m Schnee. Das würde bedeuten, daß wir praktisch nicht

eingesetzt werden könnten, weil unsere Maschinen dann nicht starten können. Nach Frankreich glaube ich auch nicht, denn dann hätte eine Aufrüstung an Flugzeugen genügt und das viele Material wäre nicht nötig. Bleibt also der Süden oder Südosten. Na, mir soll's gleich sein, wir werden ja sehen. Es gäbe dann nur eine besondere Zulage, die ich Dir gerne gönnen möchte.

Wann wird denn nun Helga operiert. Ihr macht es ihr ja dann so schön wie irgend möglich, das weiß ich.

Ich esse den Aachner Printen, den mir Wiehem (?) gegeben hat. Es geht ihm wieder gut, er kommt aber trotzdem weg zu irgend einer bodenständigen Organisation.

     Es küßt Dich sehr sehr lieb                                       Dein Harald.