Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 10. März 1942

10.3.42

Mein liebes Lottenkind,

ich bin so glücklich, denn ich habe heute 2 Briefe von Dir bekommen, (die) obendrein noch ganz anders klingen als Deine letzten. Ich bin ja von Herzen froh, daß Du wieder Mut gefaßt hast. Auch über das, was Du von der Mu schreibst, habe ich mich gefreut. Sie ist doch eine famose Frau! Das kannst Du ihr ruhig von mir bestellen. Das Wort über den kleinen Jürgen klingt doch ganz anders, als das schreckliche Wort, daß er zuviel sei. Wo mag sich der süße kleine Stumpen nur so verbrannt haben. (Lotti fand den Kleinen gewickelt mit einer ausgedehnten Brandwunde in den Windeln. Keiner wollte es gewesen sein..) Hoffentlich heilt es schnell. Wir haben also jetzt 2 ganz abgebrühte Jungens, das kann ja heiter werden.

Also mit dem Wetter habe ich mich so gründlich blamiert. Ich dachte es sei nur bei uns noch so kalt und bei Euch sei der Frühling schon eingezogen, weil es am Rhein doch immer um mehrere Wochen früher ist als hier im Norden. Mit den Primeln müssen wir uns also beide noch etwas gedulden.

Mit Steckrüben haben wir auch schon innige Bekanntschaft gemacht. Na, es gibt Schlimmeres. Hier kochen sie manchmal ein komisches Zeug. Ob das Oldenburger Küche ist? Auf jeden Fall hat es mir in Wangerooge besser geschmeckt. Ich vermisse hier sehr den Anschluß an irgend einen netten Menschen, wie ich ihn in Wangerooge an Wilhelm Lehbrink, Pfarrer Iser und einige andere Kameraden hatte. Hier will mir das garnicht gelingen, denn erstens gefällt mir keiner meiner neuen „Kameraden“ und 2. komme ich nicht hinaus.

Was man hier mit mir vor hat, weiß ich immer noch nicht. Meine Kameraden würden mich am Liebsten wieder abschieben, während einer der Offiziere, ein Oblt. Bauer aus Gummersbach immer an mir ist, ich möchte mich schnell einarbeiten, damit ich eine Abteilung übernehmen könnte.

Ich bin ja so gespannt, ob Du was für mich tun kannst, denn alle Aufstiegsmöglichkeiten hier reizen mich nicht so wie der Gedanke daran, bald irgendwo in der Heimat zu sein mit der Möglichkeit, Dich öfters zu sehen.

Ich mache mir jetzt auch häufig Gedanken darüber, was nach dem Krieg werden wird. Es ist alles doch noch reichlich dunkel. Wenn man wüßte, daß eine gute Zeit für unser Gewerbe kommt, dann würde ich gerne in Godesberg bleiben. Aber wer kann das sagen? Ich gehe aber auch mit fliegenden Fahnen in den Osten, wenn mir dort eine aussichtsreiche Position geboten wird. Der Osten wird ja noch viele Probleme bringen, von denen wir uns noch nichts träumen lassen, z.B. das Schulproblem, dass ja viele Jahre bis zur Lösung brauchen wird. Unsere Lüttchen sollen doch keine Dümmings bleiben.

Was hat denn Heidi mit ihrer Mk angefangen, Hat sie sich gefreut. Du kannst mir immer mal schreiben, wenn sich eines besonders nett benommen

hat, dann kann ich mal hier und da von hier aus belohnen. Das spornt immer an. Daß Du ihnen ein kleines Taschengeld gibst, finde ich sehr richtig und lieb. Daß sie es sich mit kleinen Dienstleistungen verdienen müssen, finde ich noch richtiger. Ich habe überhaupt das absolut feste Empfinden, daß Du mit der Erziehung richtig und gut zurecht kommst. Du bist vor allem innerlich noch so mit Deiner eigenen Jugend verbunden, daß Du noch genau nachempfinden kannst, aus welcher Geistesverfassung eine Handlung entsteht..

So nun muss ich schließen. Die Kameraden haben entdeckt, daß ich einen Privatbrief schreibe und meutern.

1000 liebe Küsse von Deinem            
Mann