Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 17. März 1942
O.U. ,den 17.3.1942
Mein liebes Lottenkind,
es ist heute spät geworden, und ich weiß noch gar nicht, was ich Dir schreiben soll, denn es ist mal wieder nichts passiert. Ich will aber doch mal los schreiben, damit Du wenigstens Post bekommst. Ich bin noch immer froh über Deine Nachricht, daß sich endlich ein Mädchen gefunden hat. Hoffentlich klappt nun alles. Du glaubst garnicht, was mir der Gedanken, Dich ohne jede Hilfe zu wissen, für Kopfschmerzen gemacht hat. Ich mußte immer daran denken, wie Du es nur schaffen sollst, wo doch alles heute gegen früher ohnehin schon so erschwert ist.
Da fällt mir gerade ein das doch etwas passiert ist. Es taut nämlich und die Luft ist warm geworden. Man kann es kaum fassen, daß hier und dort der Boden sichtbar wird, und das Land in Kürze wieder anders aussehen wird als man es nun seit Monaten gewöhnt ist. Na, am 17. März wird es ja auch langsam Zeit. Heute habe ich keine Post von Dir bekommen und muss nun auf morgen hoffen. Ich freue mich schon auf die Zeit, wo ich nicht mehr auf Post zu warten brauche, wo ich abends mache, daß ich fortkomme, um mit Dir selbst zusammen zu sein Ach Lotting , wäre es doch schon so weit!
Wer weiß, wann ich mal wieder auf Urlaub komme, deshalb freue ich mich besonders auf Dein Kommen. Der Sommer ist hier unsere große Saison, deshalb ist frühestens im Herbst mit Urlaub zu rechnen.
So ganz langsam wird der Widerstand gegen mich hier schwächer, da man offenbar einsieht, dass nichts zu machen ist und daß ich auch keinen Fresse. Aber zu einem wirklichen kameradschaftlichen Verhältnis wird es wohl so schnell nicht kommen. Es ist ja auch damit zu rechnen, daß eine Reihe von weiteren Leuten hier noch ausgetauscht wird. Hoffentlich kommen nettere Kerle hier. Dieses ewige Misstrauen macht einem das Leben auch nicht gerade leicht.
Wie ist die Sache mit Fitschen eigentlich ausgegangen? Haben sich die Parteien nach dem Zusammenprall wieder beruhigt? Ob Provision berechnet werden kann, ist aus dem Verwaltungsvertrag zu ersehen, der bei den Akten sein muss. Was ist aus der Sache Wölter geworden? Hat er ein Angebot eingereicht? Was sagen die Erben Engels dazu?
Ich muß mich manchmal direkt zwingen, an die geschäftlichen Sachen zu denken, so weit liegen sie augenblicklich aus meinen Interessenkreis heraus. Wenn Du erst hier bist, dann kann ich Dich auch mit Büchern aus der Fliegerhorstbücherei versorgen, damit Du tagsüber keine lange Weile hast, wenn das Wetter schlecht sein sollte. Vielleicht gefällt Dir das Land hier ganz gut, wo du doch für die Ebene einen Schwarm hast. Eben ist es hier, darauf kannst Du Dich verlassen. Nicht einmal einen Maulwurfshügel gibt es. Aber im Frühling, wenn alles in saftigem Grün steht, wird es ja wohl schön sein. Hoffentlich habe ich (in) der Auswahl des Hotels wieder so ein Glück wie in Husum.
Ich grüße Dich, die Kinder und die Mütter herzlich und gebe Dir einen recht lieben langen Kuss
Dein Harald
Die Briefumschläge sind von Lenni. Sie hat sie im Büro für mich „ehrlich geklaut“ wie sie schreibt.