Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 13. Mai 1942
den 13. 5.42
Mein liebes, süßes Lottenkind,
ich kann leider nicht mehr hoffen, daß dieser Brief noch zu Ursulas Geburtstag ankommt, denn der ist ja schon morgen. (corr.: heute). Ich bin die letzte Zeit nicht zum Schreiben gekommen, weil ich mich garnicht wohl fühlte. Ich war, eigentlich ohne ersichtlichen Grund so und müde, daß ich nur mit Mühe meinen Dienst versehen konnte. Ich habe mich deshalb nach dem Dienst ins Bett gelegt und habe geschlafen und immer wieder geschlafen, so habe ich mich dann langsam wieder kuriert. Ich glaube es war eine Frühjahrsgrippe, obgleich ich kaum Fieber gehabt habe. Nun komme ich so langsam zu mir.
Ich traf vor einigen Tagen Wilhelm Lichtschlag, der auf seiner Rückreise vom Urlaub hier durch Jever kam. Ich hörte gestern, daß er ganz zu uns versetzt wird, so sind wir dann glücklich wieder zusammen. Ich finde es sehr nett so.
Ich will Dir auch mitteilen, daß die Erkennungsmarke angekommen ist allerdings sehr spät und mit einem ganz ulkigem Poststempel, bitte prüfe. Auf dem Godesberger Postamt ist scheinbar alles durchgedreht sogar die Stempel.
Nun wird morgen unser kleines Ullahäschen schon 4 Jahre alt. Sie wird sicher Wert darauf legen, daß man geziemend davon Kenntnis nimmt. Na feiert mal schön, ich wäre gerne mit dabei.
Jetzt hat es hier endlich auch mal geregnet. Es war aber auch die höchste Zeit. Jetzt endlich regt es sich in der Natur. Der Buchenwald hat einen grünen Schimmer bekommen. Die Ernte hat aber trotzdem schweren Schaden gelitten, denn das an sich schon stark ausgewinterte Getreide hat sich nicht bestockt. Einige Bauern hatten es unter gepflückt und bekomme nun kein neues Saatgut. Hier ist sehr viel Vieh im Winter notgeschlachtet worden, weil kein Futter da war, nun geht das selbe Elend wieder los, da das Vieh auf der jungen Weide krank wird, da es unterernährt ist. Es stehen hier lange Artikel darüber in den Zeitungen, daß sofort Kalkspritzen gegeben werden müßten, da der Tod schon nach wenigen Stunden eintrete. Dazu sollen die Bauern gesundes Vieh nach dem Osten abgeben, da dort das ganze Land vom Vieh vollkommen entblößt ist. Wie das alles werden soll, ist mir vollkommen unklar. Ich weiß nur eins, daß derjenige, der nicht vorsorgt, bittersten Hunger leiden wird. Ich bitte Dich daher dringendst , rechtzeitig mit Hüllen wegen Kartoffeln, Obst und Gemüse in Verbindung zu treten, vielleicht auch durch Schmidt (Ittenbach) mit dem Lascherhof. (Marmelade so viel wie
möglich einkochen). Mit Frau Wolff ins Vorgebirge fahren und Gemüse einkaufen und auch davon einmachen. Nehmt es nicht leicht!
So nun will ich aber nicht mehr unken.
Das Reich nimm Dir als Erholung. Frontzulage bekommen wir also tatsächlich mit Wirkung vom 1. April keine mehr. Damit kann ich Dir leider auch nicht mehr schicken, das tut mir sehr leid, denn es war ein etwas beruhigendes Gefühl die Abzahlungen nicht ganz auf Dich abzuwälzen. Aber nun kann ich leider nicht mehr, denn die paar Mark Wehrsold brauche ich selbst bei bescheidensten Ansprüchen selbst.
Wie geht es nun mit Deinem Arm? Hoffentlich wirken die Kurzwellen genauso schnell wie damals zu Weihnachten. Wie geht es Heidi, wie geht es Helga und was machen Klausens Beulen? Herzlichste Grüße und viele liebe Küsse für Dich, die Kinder und die Omis.
Dein Harald