Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 27. Juni 1942

den 27.6.42

Mein liebes Lottenkind,

Es ist z. Zt. keine Maschine frei, sodaß ich weder arbeiten noch Dir einen Maschinenbrief schreiben kann. Dabei fällt mir ein, daß Du die Maschinentypen bei unserer Maschinen mal sauber machen mußt. Die Buchstaben „n“, „m““ o“ usw. sind verschmiert. Ich bekam heute Deinen sehr lieben Brief vom 23., der also 4 Tage gebraucht hat. Inzwischen mußt Du von mir 2 weitere Briefe bekommen haben. Deinen Brief hat mir mit der reizenden Schilderung des Grafenwerther Ausfluges viel Freude gemacht. Daß Du von der Kameradschaft auf dem alten Makarenhaus schriebst, deckt sich mit dem, was mir hier Soldaten sogar aus München, der Stadt des Reichsstudentenführers erzielten. Na, ich habe nichts dagegen.

Ich bin übrigens heute gerade wieder eine Woche hier. Die Zeit ist mir diesmal garnicht schnell vergangen. Du schreibst in Deine Briefe garnicht, wann Du nach Stettin fährst. So etwas muß ich da ja doch Bescheid wissen, da ich doch auch disponieren muß.

Gestern Abend war ich in Jever im Film. Es gab „Zwischen Himmel und Erde“ mit Krauß. Beinahe noch mehr hat mich der Gang nach Jever durch die blühenden Wiesen erfreut. Ich bekomme je länger je mehr eine stille Liebe auch für dieses Land. Man muß sich eben überall einleben und das dauert beim Kommiß länger als sonst, weil man ja nur ab und zu dazu kommt, die Kasernenmauer zu verlassen.

Was sagt Ihr denn zu Afrika! Wenn Du den Brief bekommst ist sicher auch Marsa-Tobruck gefallen und der Weg nach Alexandria und Kairo frei.

Hoffentlich sind wir stark genug um bis dorthin und dem Suez-Kana vorzustoßen. Die (unleserlich)offensive in Russland wird dann auch nicht auf sich warten lassen.

So nun ist es Montag geworden, ohne daß der Brief fertig geworden wäre. Unterdessen ist ein weiterer Brief von Dir eingegangen, für den ich Dir herzlich danke. Vielleicht bist Du nun garnicht mehr in Godesberg, sondern schon mit Hans in Stettin. Es wäre ja fein, wenn das geklappt hätte. Aber Hans wird sicher nicht gefackelt haben und Dich mitgenommen haben. Was sagen denn die Omis, daß nun alles so schnell ging. Es kam ja nun doch ein bisschen viel aufeinander mit dem Einmachen und der Abreise.

Wer kümmert sich nun um die restlichen Stachelbeeren und die Bohnen? Hoffentlich machen die Omis nicht so Spatzenportiönchen ein.

Gestern sind unsere ersten Teilnehmer aus dem Erholungslehrgang – wie es so schön heißt – zurückgekehrt. Er war in einem Berghotel bei Berchtesgaden. Viele hatten ihre Frauen mit hingenommen. Es kostet 7 Mk pro Tag und soll ganz fantastisch sein. Wir müssen unbedingt ein Ding drehen, daß Du im September, wenn ich wahrscheinlich dran bin, mitkommst. Es dauert 14 Tage. Geburtstagsgeschenke für mich fallen flach. Alles muß in den Reisefonds. Ich spare auch feste.

Eben kommt Sein Brief vom 28.6. Da legst Die nieder! Da bist Du schon in Stettin und ich dachte noch an Godesberg. Habe ihr in Berlin Station gemacht? Da bist Du ja mitten durchs Hessenländchen gefahren.

Hoffentlich habe ihr eine schöne reise gehabt. Kundschafte mal die Verbindung von dort nach Dunen und W’haven aus und schreibe mir, wann Du hier sein kannst?

Bis Du hier bist, werden die Heidelbeeren, deren es hier die Fülle gibt reif sein, sonst habe ich hier noch kein Obst gesehen.

Was Hans Dir bezüglich meiner Anstellung gesagt hat, hat mich sehr gefreut und beruhigt. Es wird sich sicher Gelegenheit ergeben, mit ihm nochmals darüber zu sprechen. Was wir an Gehalt brauchen, wenn wir Miete zahlen müssen, weißt Du ja. 1000 Mk müßten es schon sein. Frage mal bitte, was er mir für einen Posten zugedacht hat, und was ich zu tun hätte. Meine Forcen kennst Du ja. Verhandeln, organisieren usw.

Hoffentlich wird es Dir gut gefallen in Stettin. Mir hat es damals sehr gefallen und gut getan. Mit einer nach Kur in Jever werden dann wohl alle Winterschäden bei Dir behoben sein. Keine Angst! Keine Bedenken! Gesundheit ist das Beste, was wir haben.

So nun aber weg mit dem Brief, sonst schreibe ich noch eine Woche dran rum. Was haben denn die Kinder gesagt, als nun die Mutter auch abhaut? Wie hat sich Hans denn mit dem Trubel in unserem Haus abgefunden? Er hat ihn ja nur wenige Tage miterlebt, aber ist er ihm nicht auf die Nerven gegangen?

So nun bitte ich Dich alle Stettiner herzlich zu grüßen. Sage dem Hans, daß ich ihn für seine Sorge herzlich danke. Dir mein süßes Lött schicke ich 1000 liebe Grüße und Küsse und hoffe, daß Du Dich gut erholst. Hoffentlich hast Du auch schönes Wetter. Dein Harald

Schwager Hans, vom Militär rückgestellt wegen der Lungen-Tb, war nach Wissen von Stefanie Endemann Prokurist einer Werft in Stettin.