Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 10. Februar 1943

O.K., den 10.2..43

Mein liebes, herziges Frauchen,

Dein Brief vom 6. 2. ist hier angekommen und während ich ihn las, flog ein Dreckklumpen bei mir ans Fenster und draußen stand Lehrer Lange und schwenkte das Päckchen. Nun ist alles hier und ich freue mich doch sehr, dass das Päckchen nicht verloren ging, denn es war wohl noch keines mit solcher Liebe gepackt, wie dieses, das habe ich richtig gespürt. Lötting! Ein Buch hätte es aber auch getan, wo wir doch so sparen müssen. Ich habe mich aber doll gefreut und danke Dir recht von Herzen. Gestern Abend im Bett habe ich dann gleich den Schäfer gelesen, der mich sehr heimatlich berührt hat, und habe dazu Zigaretten geraucht und an Dich und an zu Hause gedacht, also richtig geschwelgt ganz nach dem vorgeschriebenen Rezept.

Morgen oder Übermorgen kommt nun Abel zurück. Es wäre ja wundervoll, wenn wir kein neues Geld aufzunehmen brauchten, aber ich habe doch Sorge, dass Du es nicht schaffst.

Wann ich nun nach Dänemark muss, ist noch nicht raus. Es geht dann wahrscheinlich wieder Hals-über Kopf. Du hast mir auch noch nicht geschrieben, was ich besorgen soll. Im Augenblick ist Hohle in Dänemark. Du glaubst garnicht, wie schnell er gesund war, wie es möglich wurde, dass er eine Hamsterreise nach Dänemark machen konnte. Er ist doch ein fürchterlicher Egoist. Ich bin jetzt aber auch egoistisch geworden und lasse nicht mehr alles auf meinem Rücken austragen. Ich werde natürlich versuchen, von meinem Wehrsold einiges zu sparen und Dir zu schicken viel kann es leider nicht sein, du sollst aber sehen und empfinden, dass ich Dir helfen will. Ich bekomme im Monat 32 Mk. Davon gehen ab 3-4 Mk Winterhilfe (um die wir gar nicht gefragt werden), die Einkäufe in der Kantine, die sich etwa auf 10 Mk pro Monat belaufen (Haarwasser, Creme, Zahnpasta, Schuhcreme usw.), davon habe ich Dir meistens auch noch geschickt oder mitgebracht!

Der Rest sind etwa 0,50 Mk pro Tag, der Geld für Zigaretten usw. drauf, auch wenn man gar nichts unternimmt.

eben kommt wieder ein Brief von Dir und ich bin so sehr froh darüber, denn die postlose Zeit war doch scheußlich. Ich brauche aber nach jedem Urlaub eine gewisse Zeit, um mich wieder ein zu gewöhnen und in dieser Zeit kann ich komischerweise nicht schreiben. Jetzt bin ich wieder im Schwung. Ich versuche seit meinem Hiersein in der „freien Zeit“ mich durch Niels Lynhe durchzulesen, ohne, dass mir das bisher gelungen wäre. Ich finde, es ist manchmal richtig steif geschrieben und obendrein schlecht übersetzt. Sätze wie… Um der Eifersucht halber, tat er… tuen doch richtig weh. Mir scheint doch daß Frau Marie Grubbe erheblich besser ist. Was meinst Du.

An Früchte schreibe ich gleich anschließend. Schicke bitte in den nächsten Monaten 30,- Mk bis wir uns wieder besser bewegen können. Du weißt, dass ich es sehr ungern tue, aber es hat auch keinen Zweck sich zu übernehmen und dann anderswo reingerissen zu werden.

Frau Sanitätsrat Dr. Rückert hat mir ein paar liebe Zeilen geschrieben. Sie hat von einem alten Wolfhagener gehört, dass Großvater Theobald 1877 nach Wolfhagen gekommen ist, dort den noch heute bestehenden Gesangsverein gegründet hat und noch anderes mehr, was sie mir erzählen will. Ich muss doch mal sehen, dass ich bald mal hinkomme. Ich hatte Mutter früher mal gebeten, alles aufzuschreiben, was sie aus ihrer Jugend und von den Verwandten weiß. Frag mal, ob sie es getan hat und wenn nicht, dann bitte Sie nochmals in meinem Namen darum. Es ist so schön, wenn man später etwas über die Familie weiß. Wenn Mutter es nicht fertig bringt, dann lassDir mal erzählen und schreibe Du es auf. (wenn Du mal Zeit hast). Rogelers haben uns also nun doch endgültig geschlagen. Jetzt sind wohl bald Schwingers wieder dran. Man sollte beinahe meinen, so was steckte an.

So nun grüße ich Dich vielmals und gebe Dir 1000 liebe Küsse.
Dein Mann