Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 29. März 1943
O. U., den 29.3.1943
Mein liebes Lottenkind,
Gestern ist es mit dem Schreiben nichts geworden, weil ich die ganze Nacht durcharbeiten musste und erst gestern Nachmittag ins Bett gekommen bin. Es geht im Augenblick hoch her hier und es ist nicht ausgeschlossen, dass das, was hier zur Zeit vorgeht, auch mich persönlich berührt und eine grundlegende Veränderung bevorsteht.
Den Brief des Finanzamtes schicke ich Dir sofort wieder. Ich habe keine Ahnung, wer das Stück gepachtet hat. Frage mal sofort im Hause Rheinstraße nach, es ist möglich, dass einer der Mieter das Stück bearbeitet. Dass es zum Hause gehört, weiß ich, da ich es damals Dreesen mit angeboten habe.
Gott sei Dank, dass die Schuhe kommen. Meine wurden mir bald an den Füßen faul. Schreibe mir bitte sofort, wenn mein Päckchen ankommt. Damit ich nicht unruhig werde.
Von der Leserschen Forderung ist auch ein Teil Verwalterlohn, ich glaube etwa 80,- Mk., das andere geht das Finanzamt natürlich nichts an - ich meine natürlich das Landratsamt -.
Aber auch den Verwalterlohn rechnen wir erst am Ende des Jahres ab.
Deine Schilderung vom frühlingsmäßigen Godesberg hat meine ohnehin nicht geringe Sehnsucht noch gesteigert. Der Unterschied zu hier ist doch gewaltig. Hier fangen die Forsithen zwar auch langsam an zu blühen, aber von Baumblüte oder grünem Schimmer ist noch keine Spur.
Du hast mir noch nicht geschrieben, ob sich Theos Anschrift geändert hatte, weil auf meinem Brief stand, neue Anschrift abwarten. Ich bin sehr, sehr unruhig und möchte am liebsten auf und davon, um ihn zu suchen.
Mit dem Urlaub machen wir uns am besten noch keine Pläne, wenn ich hierbleibe, ist wohl Pfingsten der früheste Termin. Wenn ich fortkomme, dann wissen die Götter, wie das mit dem Urlaub wird, sicher aber nicht besser.
Nun brauchst Du nun keine Angst zu haben, dass ich nach Russland komme, wenn ich versetzt werde, dann nur innerhalb meiner Truppe. Das ist auch noch nicht einmal sicher, aber gut möglich. Hier wird wieder mal organisiert, es fing nämlich so langsam an zu funktionieren. Es wird daher höchste Zeit, irgendetwas zu än-
Heute bekam ich auf meine erneute Anzapfung von Hjalmar eine Karte. Er steht auf dem Sprung, seine Familie, die am Bodensee wohnt, zu besuchen. Sein Haus in K..wird wieder aufgebaut. Ob er seine Familie aber wieder nach Krefeld kommen lässt, weiß er noch nicht. Ich hätte Lust zu versuchen, mich mit Hjalmar im nächsten Urlaub mal wieder zu treffen. Was meinst Du dazu, geborene Hechtle?
Versuchter bitte mal, meine Zivilschuhe bei irgend einem Schuster machen zu lassen. Es ist ja an jedem nur eine Kleinigkeit zu machen (Sohle festmachen usw.). Ich kann sie aber so, wie sie sind alle miteinander nicht mehr anziehen. Im nächsten Urlaub stehe ich dann da und habe nichts anzuziehen, da ich die, die ich zur Zeit hier an habe jetzt schon kaputt habe.
Wenn Du von Heidi etwas hörst, dann schreibe mir es bitte auch, denn der Berichterstattung durch Schultzens misstraue ich, nachdem ich nun über ein halbes Jahr nichts mehr von ihnen gehört habe, obgleich ich selbst mehrfach geschrieben habe. Hans hat doch sicher häufiger in Hamburg zu tun. Ich hatte ihn nun gebeten, mir mal zu schreiben, wenn er da ist, ich würde dann versuchen, ihn dort zu treffen. Er hat aber nie etwas von sich hören lassen.
1000 liebe Grüße und Küsse
Dein Harald.