Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 11. Januar 1944

11.1.44

Mein liebes Lottenkind,

eben bekomme ich Deinen Brief vom 8.1.Die Laufzeit hat sich doch wohltuend verkürzt.Was Du von Mutter schreibst, ist ja sehr traurig, ich habe es aber gewusst und mir keine falschen Hoffnungen gemacht. Ich glaube auch nicht, daß es lange dauern wird. Ihre gesamte Verfassung ist zu schlecht. Wegen meines Gasbriefes mache Dir keine allzu großen Gedanken. 1. können wir es mit dem besten Willen nicht abwenden , und 2. ist Godesberg ein denkbar ungeeigneter Ort für Gasangriffe. Den Brüdern vom Finanzamt heize mal ordentlich ein, damit Du endlich Dein Geld zurückbekommst. Mit Hansi ist es glücklich auch so weit. Nun steckt sie in der Polackei, und wer weiß, wie lange sie dort noch sicher ist. Es ist doch eine scheußliche Zeit. Gestern war nun der amerikanische Großangriff auf Salzgitter, über den die Sondermeldung verbreitet wurde (123 Abschüsse). Da gibt es her wieder viel Arbeit. Mit den Verlusten schauen wir hier nicht ganz durch, denn wir haben in unserem Geschwader allein so viele, wie in der Sondermeldung insgesamt angegeben werden. Ich werde gleich im Anschluss an diesen Brief an Mutter schreiben. Wer weiß,wie lange ich das noch kann. Es ist doch ein trauriges Gefühl. -

Vorgestern war ich hier bei einem Bauern zum Hammelessen eingeladen. Einer meiner Kameraden hat die Tochter geheiratet und Wilhelm und mich zu einer Art Nachfeier gebeten. Es waren, wie alle Friesen, die ich bisher kennenlernten, prachtvolle Menschen, und der Hammel war nicht minder gut. Ich habe richtig ge--fres- -sen. Hinterher gab es selbstgemachten Johannnisbeerwein, Zigaretten und Plätzchen. Bitte gewöhne, das fällt mir gerade noch ein,die Kinder langsam an das Tragen von Gasmasken , und zwar spielerisch, damit sie keine Angst bekommen. Du weißt doch noch, wie ich es damals gemacht habe, daß sie sogar damit auf die Straße wollten. Viele liebe und herzliche Grüße und

1000 Küsse von Deinem (Unterschrift fehlt)