Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 12. Mai 1944
den 12. Mai 44
Mein liebes Lottenkind,
Siehst Du geht es uns und Euch ja auch. Mal Regen mal Sonnenschein. Hier scheint jetzt seit gestern richtig die Sonne und an geschützten Stellen ist es schon richtig warm. Auch arbeitsmäßig ist eine kleine Erleichterung eingetreten, sodaß ich mir gestern Abend einen kleine Spaziergang erlauben konnte. Mit Wilhelm bin ich mitten durch ein richtiges noch vollkommen unkultiviertes Moor gegangen oder besser gesagt geklettert und balanciert. Es war teilweise trostlos. Umgestürzte Bäume halb im Moor, versunken und abgestorben. Unterm Tritt quillt und gluckst es. Kein Mensch, kein Wild, kaum ein Vogel auf einem dürren Ast. Nun habe ich das auch mal erlebt. In wenigen Tagen wird die Mückenplage so groß sein, daß man sich nicht mehr dorthin wagen darf. Die schöne frische Luft hat mir sehr gut getan, hoffentlich komme ich öfter mal raus in der Zukunft, sonst halte es die Nerven nicht aus. Heute sind unsere Jäger in Sachsen hinter dem Tommy her. Sind bei Euch in den letzten Tagen Bomben gefallen. Ich sah auf der Karte, daß ihr mehrfach Überfliegungen hattet. Schade, daß ich an Ullas Geburtstag nicht bei Euch sein kann.
1000 liebe Küsse
Dein Harald