Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 6. September 1944
6.9.44
Mein liebes Lottenkind,
nachdem wir hier mehrere Tage ohne Zeitung und ohne Radio gelebt haben, spricht es sich heute herum, daß die Feinde im Raum von Brüssel und Antwerpen stehen. Ich bin einfach erschlagen und nun wächst die Sorge um Euch ins Riesengroße. San einen Widerstand am Westwall glaube ich nicht. Die nächste Linie wäre der Rhein. Es ist nicht zum Ausdenken. Wenn es aber erst soweit ist, dann dauert es auch nur Tage. Ich halte nach langem Überlegen das Dableiben doch noch für das Beste. Das Haus müsste dann so gut es eben geht gesichert werden und dann für ein paar Tage in die Godesburg.Fliehen halte ich nach wie vor für falsch. Hoffen wir, daß es nicht so kommt, aber man muß genau wissen, was man will, sonst macht man erst recht Unsinn. Solltet Ihr mit festen Ziel von Godesberg wegmüssen (etwa Nassenerfurt) so laßt trotz Nachricht an mich einen Zettel unter einem Stein unter den Haustürtreppenaufgang in Klausens Spielhöhle zurück. Ich überlasse selbstverständlich alle Entscheidungen Dir, weil ich die Lage von hier aus nicht vollständig übersehe. Post von Dir habe ich noch nicht. Wer weiß wann wir uns wiedersehen.
1000 liebe, liebe Küsse
Dein Mann