Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 2. Oktober 1944
2.10..44
Mein liebes Lottenkind,
hier schicke ich Dir wieder ein paar Briefe und auch welche von Dir zurück. Der Brief von Dir , den ich zurückschicke, ist 3 bis 4mal gelesen und ich muß ihn mir richtig von der Seele reißen. Ich muß aber mein Gepäck so klein wie möglich halten im Hinblick auf die bevorstehende Verlegung. Der 6. Buchstabe des Ortes, wo wir hinsollen ist ein „s“. Es ist für Dich ein Kreuzworträtselraten mit dem Ort. Ob die uns tatsächlich verlegen, ist wieder etwas unsicher geworden. Hoffentlich bekommen ich bald wieder Post. Meine Hoffnung auf heute hat mich wieder getäuscht. Wenn ich die 30 Mk von Dir nicht bekommen hätte, wäre ich restlos pleite gewesen. Das allabendliche Ausgehen ist zwar an sich nicht teuer, es kostet etwa 1,50 Mk , es summiert sich aber auf. Schon aus dem Grunde hätte ich nichts gegen eine Verlegung. Außerdem wäre ich doch einige 100 km. näher bei Euch. Hier ist jetzt richtiges Herbstwetter mit Regen und Kühle. Ich
habe an einer Wand unserer Fabrik in einem verborgenen Ecke einen Weinstock entdeckt, den ich jetzt nach und nach plündere. Hoffentlich bleibt mein Geheimnis gewahrt, sonst wird alles in einem Tag runtergefressen.
Ach Lotti, die Idee zur Abholung der Kinder einen Tag bei Dir sein zu können, macht mich ganz wild. Es ist natürlich nicht so als ob ich die Kinder in die Wüste schicken wollte, blos um mal wieder bei Dir sein zu können. Ich halte es tatsächlich für besser für die nächste Zeit, wenn Ursel mit Jürgen weg sind. Wichtige Briefe schreibe bitte mit der Maschine und mache eine Durchschlag. Eine Ausfertigung schickst Du dann durch Feldpost und eine postlagernd. Mit der Post das ist noch sehr schlecht, obgleich es einen durchgehenden Zug Koblenz-Cottbus gibt.
1000 liebe, liebe Küsse
Dein Harald