Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 4. Oktober 1944

4.10.44

Mein süßes, kleines Lottenfrauchen,

es kommt und kommt keine Post von Dir, obgleich ich aus Köln und Bonn und Krefeld in verhältnismäßig kurzer Zeit Post bekomme. Wo mögen Deine Briefe stecken? Ich möchte so schrecklich gerne gerade jetzt bei Dir sein und Dir die Sorgen abnehmen. Was mag uns alles noch bevorstehen! Ich hoffe, daß Du Dich etwas beruhigt hast, weil sich die Front stabilisiert hat. Hoffentlich hält sie den zu erwartenden großem Ansturm stand. Zweifellos wird man alles versuchen, den Feind aus dem Land zu halten. Ob es gelingt! Der Vollmond scheint durch eine Spalt in der militärisch miserabelen Verdunklung in mein Büro. Er scheint auch bei Euch und und dabei liegen viele 100 km dazwischen. Ich möchte Dir so gerne eine Freude machen und bin doch so machtlos. Die beiliegenden Zigaretten sollen Dir zeigen, daß ich Dich lieb habe. Rauche sie im Gedenken an mich. Deine Karte vom Rheinufer mit dem Drachenfels hat mir schon viele Freude gemacht, Sie steht vor mir auf dem Schreib-

tisch und oftmals wandern meine Gedanken ab hin nach Godesberg. Nun kommt auch Heidis Geburtstag heran. Wirst Du ihn auch noch schön gestalten können? Wie steht es mit der Ernährung. Wir werden hier ganz vorzüglich verpflegt. Dazu kommt noch die allabendliche Bouillon. Mein Weinstock versorgt mich dazu mit Obst, sodaß ich in dieser Hinsicht nichts zu klagen habe. Hoffentlich habt Ihr keinen Mangel zu leiden. Wilhelm erzählt von Gl. , daß die Versorgung mit Lebensmitteln dort funktioniere. Wilhelms Wohnung ist von einer Luftmine durchgeblasen und ohne Dach, Fenster und Türen. Ihr in „Sicherheit“ gebrachter Flügel steht in einem Dorfe mitten in der Front. Was macht eigentlich Ilse Düren. Ist sie in der Yorkstraße eingezogen? Ist es wirklich erst etwas über einen Monat her, daß wir in Dortmund zusammen waren. Es kommt mir schon so lange vor, daß ich meine, sie müssten uns unbedingt bald wiedersehen. Es waren doch herrlich schöne Tage, wenn wir auch immer nur Stunden zusammen waren. Was hälst Du von meinen Plänen?

Ich küsse Dich viele, viele Male recht lieb und innig.
Dein Mann