Harald Endemann an seine Frau Charlotte, 20. Juni 1945
Abs.:
Fw. Endemann,
Korps Witthöft Schleswig
Abschnitt B Rgt. 147, 7. Komp.
den 20.6.45
Mein liebes Lottenkind,
Ich schreibe diesen Brief, weil ich hoffe, ihn einem Landwirt mitgeben zu können, der in die Kölner Zone entlassen wird, und hoffe, dass er so lieb ist, ihn weiter zu besorgen. Es geht mir hier durchaus gut. Ich sitze nach wie vor auf der Schreibstube, die wir in einem alten Wohnwagen aufgeschlagen haben. Ich mache mir nun die größten Sorgen über euer Schicksal, da ich nichts weiß und auch nichts hören. Lebt ihr noch eine, steht unser Haus noch, wovon lebt Ihr, ist Lisbeth noch bei euch, bekommt ihr Lebensmittel usw. Wenn ich mit denken fertig bin, geht es wieder von vorne an, obwohl ich mir immer wieder sage, dass ich damit nichts ändere. Die Gartenfrage liegt mir dazu mehr denn je auf der Seele. Können wir nicht die Wiese gegenüber unserem Hause pachten. Ich glaube sie gehört dem Päda. Ich würde sofort nach meiner Rückkehr anfangen, sie um zu fühlen, damit wir noch Wintergemüse darauf ziehen könnten ich meine die Wiese Ecke Mirbach-Goethestraße. Die Geldfrage spielt keine Rolle, da die Pacht erst nach der Pachtzeit gezahlt wird. Am liebsten wäre mir eine Verpachtung an uns auf 10 Jahre, damit sich die Arbeit lohnt (es müssen die Sprunggruben beseitigt werden und die Aschenbahnen). Ich stehe aber auf dem Standpunkt, dass der bitterste Not leiden wird, der nicht mindestens einen Teil seines Bedarfes selber denken kann. Diese Wiese hätten wir wenigstens einigermaßen unter Augen. Sollte sie mit an die Kölner Krankenanstalten verpachtet sein, so müssen wir versuchen, sie von dort in unter Pacht zu erhalten. Dass ich nach so langer Zeit des Schweigens dieses Thema so ausführlich behandele, kann Dir ein Beweis sein, für ewig wichtig ich es halte. Auf gleiche weise werde ich versuchen, mit
Frielendorf in Verbindung zu kommen. Meine beiden süßen Kleinkinder sollen doch auch wissen, dass sie ihr Pappi nicht vergessen hat. Sie tun mir besonders leid, weil sie in dieser schweren Zeit so allein sein müssen. Ich hoffe ja sehr, dass es ihnen gut geht, denn Meyers werden wohl nicht verhungern und sind gut zu den Kindern, aber ich glaube, dass sie doch großes Heimweh bekommen werden, wenn sie so garnichts von Pappi und Mamma hören.
Wie geht es denn den Dreien bei Dir. Hast Du sie glücklich herüber gerettet. Wir werden alle ganz klein wieder anfangen müssen, aber wenn wir noch alle zusammen sind, dann wird es auch wieder Freude geben und die Arbeit sei mir sicher nicht zu viel werden. In meinem Beruf wird es sicher einige Umstellungen geben. Du musst jetzt schon die Augen offen halten, damit wir nicht den Anschluss verpassen. Ich nehme an, dass Eigentümer, die in der Amerikanischen, französischen und russischen Zone wohnen, garnicht in der Lage sind, ihr Eigentum in Godesberg zu verwalten. Grüße alle lieben Bekannten und sei selbst mit den Kindern in Liebe innig geküsst
Dein Harald